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Gone Baby Gone

Autor

Dennis Lehane

 

Sie verschwinden. Einfach so.

 

Tag für Tag werden in den USA zweitausenddreihundert Kinder vermisst gemeldet. Ein Großteil wird von einem Elternteil entführt, das mit dem anderen zerstritten ist, und in über fünfzig Prozent der Fälle ist der Aufenthaltsort des Kindes bekannt. Die Mehrheit dieser Kinder kehrt innerhalb einer Woche zurück. Dann gibt es die Ausreißer. Auch hier bleibt der Großteil von ihnen nicht lange fort; meist findet man sie in kürzester Zeit – für gewöhnlich im Haus von Freunden. Anders ist es bei denen, die zu Hause vor die Tür gesetzt werden oder weglaufen, ohne dass die Eltern die Suche nach ihnen aufnehmen. Dies sind zumeist die Kinder, die die Notunterkünfte und Busbahnhöfe bevölkern, in Rotlichtbezirken an den Straßenecken herumlungern und schließlich im Gefängnis landen.“

 

Die scheinbar lakonische Anfangsfeststellung, dass "von den täglich zweitausenddreihundert in diesem Land als vermisst gemeldeten Kindern ein Teil im Nichts verschwinden und vielleicht in Kellern von Pädophilen festgehalten werden", wird zum beklemmenden Thema dieses Lehane-Krimis.

 

Inhalt

Amanda McCready, vier Jahre alt, wird eines Nachts aus der Wohnung entführt, ohne dass ihre Mutter es bemerkt. Die Entführung erregt großes Aufsehen und der Bürgermeister verkündet auf einer Pressekonferenz, dass „alle Stadtangelegenheiten auf Eis liegen würden

bis Amanda gefunden worden sei.“ Die Titelseiten der Zeitungen berichten jeden Morgen ausführlich und am Abend ist es Thema in den Hauptsendungen der Nachrichten. Verzweifelt suchen auch Tante und Onkel ihre Nichte zu finden. Schließlich sollen die Privatermittler Patrick Kenzie und Angela Gennaro ihnen helfen. Anfangs wollen beide diesen Fall nicht annehmen. Die Mutter Amandas ist drogensüchtig und dem White Trash zugehörig.

 

„White Trash (englisch wörtlich „weißer Abfall“, sinngemäß etwa „weißer Abschaum“) ist eine pejorative Bezeichnung für Mitglieder der weißen Unterschicht vor allem in Appalachia, den Südstaaten und den ländlichen Teilen der Vereinigten Staaten. Dieser Begriff wurde in den Südstaaten geprägt, aber wird nun in den ganzen Vereinigten Staaten verwendet.“

Quelle: Wikipedia

 

Doch Kenzie&Gennaro übernehmen den Fall aus moralischer Verantwortung heraus. Sie geraten in einen Sumpf wie Treibsand und drohen selbst darin unterzugehen. Bei Ihrer weiteren Suche geraten sie in einschlägige Kreise von Pädophilen und Kinderschändern. Die Einblicke in der Pädophilen Szene, beschreibt der Autor sehr detailliert, was Kindern angetan werden kann. Kinder werden pervers zu egoistischer Befriedigung animalischster sexueller Bedürfnisse ausgenutzt, um die "Objekte" dann irgendwann vor lauter Überdruss wie ein defektes Spielzeug auf den Müll zu schmeißen. Das ist das Abartigste auf dieser Welt überhaupt. 

Nicht nur die beiden Ermittler gelangen in dieser Szene an ihre innerste Belastbarkeit und unter seelischen Druck, sondern zwingt auch den Leser an seine psychischen Grenzen.

 

Stil und Sprache

Die Charaktere sind gelungen, der gesamte Verlauf der Story ist rund und sinnvoll. Die Handlung ist actionreich und verschachtelt. Die Suche nach dem Mädchen schildert Dennis Lehane als raue Polizeigeschichte mit Blut, Schweiß und Tränen. 

Lehane verwebt die Drehungen und Wendungen der Erzählung unterbrochen mit sporadischen Momenten trockenen Humors. Im Gegensatz dazu stehen Gewaltszenen von allseitiger Brutalität.

Die Charaktere werden mitunter etwas unübersichtlich, dass durch ein Personenregister sehr gut ausgeglichen werden könnte.

Dennis Lehane kann nicht nur harte Szenen beschreiben, sondern ganz ruhig und poetisch mit seinen Figuren über die Schlechtigkeit der Welt trauern. Souveräne Dialoge könnte man unverändert in einen Film übernehmen. Eine sehr bildhafte Sprache lockert das Geschehen auf und lässt gelungene Vergleiche zu.

 

 "In der Kneipe war es so still wie in einer Kirche vor dem Jawort."

 

Die komplizierte Konstruktion des Falles auf 576 Seiten wirkt manchmal etwas verloren und dann lässt die Spannung schnell etwas nach.

 

Fazit

Amanda steht für viele Kinder. Egal in welchem Alter. Sie verschwinden. Einfach so. Über Nacht. Keiner hat etwas mitbekommen.

 

Der Fall endet in einer bitteren Schlusspointe. Der Leser bleibt nachdenklich zurück mit der ethischen Fragestellung: Ist der Sieg der Gerechtigkeit immer für alle die beste Lösung?

 

Dieses Schweigen ist achtzig bis hundert Zentimeter groß, man spürt es an der Hüfte, hört es von den Dielen heraufsteigen, und es schreit einen aus Ecken und Spalten und dem ausdruckslosen Gesicht einer Puppe an, die auf dem Boden neben dem Bett liegt. Dieses Schweigen ist anders als die Stille bei Beerdigungen und Totenwachen. Die Stille der Toten verbreitet ein Gefühl von Endgültigkeit; eine Stille, von der man weiß, dass man sich damit abfinden muss. Das Schweigen eines vermissten Kindes ist nichts, womit man sich abfinden möchte; man weigert sich, es zu akzeptieren, deshalb schreit es einen ja so laut an.“

 

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