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Das Perfekte Grau

Autor

Salih Jamal

 

Goethes Faust I: „Grau, teurer Freund, ist alle Theorie und grün des Lebens goldner Baum “

 

 

Was bedeutet graue Theorie? Die Beschäftigung mit Theorien ist Zeitverschwendung und nur das Leben wertvoll. Was ist dann das perfekte Grau?  

 

 

Es ist egal, wovor du flüchtest. Vor den Dämonen einer Vergangenheit, vor Gewalt, Unfreiheit oder dem Tod. Vor dem Alter, der Justiz oder vor Durst und unstillbarem Hunger. Alle, die weglaufen, um das Land ihrer Sehnsucht zu finden, bezahlen den Preis ihrer Herkunft auf Raten.“ (S.22) 

 

Inhalt

Dante, Novelle, Mimi und Rofu sind auf der Flucht und auf der Suche nach sich selbst. Sie wollen vergessen, hoffen auf Vergebung und wünschen sich einfach einen besseren Ort. Sie arbeiten zufällig alle in einem Hotel am Meer und lernen sich kennen und finden trotz aller Unterschiede zueinander. Doch dann glaubt Mimi, dass zwei Polizisten im Hotel abgestiegen sind, um sie zu suchen, wegen ihrer Tat in der Vergangenheit. Mimi will fliehen, doch die Freunde lassen sie nicht alleine. Gemeinsam begeben sie sich auf die Flucht.

 

Sprache und Stil

Jeder der vier Protagonisten trägt ein besonderes Schicksal aus der Vergangenheit mit sich.

Dante, der fast einen Sprung von einem Hochhaus aus Liebeskummer gewagt hätte, es aber dann doch nicht tat, hat stattdessen sein „altes“ Leben hinter sich gelassen. Rofu hat nur noch ein Ohr und flüchtete unter traumatischen Bedingungen auf einem Schlauchboot aus Afrika über das Mittelmeer nach Deutschland. Novelle wurde von ihrem Vater missbraucht und hört Stimmen. Mimi, die Engländerin, hat ihren Ehemann vergiftet.

Diese Flucht ist nicht nur eine weitere Flucht, sondern wird auch eine Reise zu sich selbst. Im Verlauf ihrer gemeinsamen Zeit kommen sie sich näher und erzählen mehr und mehr über sich selbst.

Die Geschichte wird aus Sicht Dantes erzählt. Dante, der von sich selbst sagt, dass „er Stillstand und Langeweile noch nie aushalten konnte.“ (S.7)

Salih Jamal verfasst seinen Roman in einer sehr poetischen Sprache. Er beschreibt Landschaften und Städte, Menschen und Ereignisse eindrucksvoll. Seine Worte sind gewählt, er nutzt Metaphern, die fantasievolle Befindlichkeiten der Charaktere aufzeigen. 

 

„Ich spürte mein fast erloschenes Lebensverlangen, und wie neue Träume in mir anbrandeten und Unrat hinterließen. Wenn es still und dunkel war, donnerten rastlose Gedanken durch meinen Kopf. Wie bei einem Bahnhof fuhren Erinnerungen ein und nahmen alle Fragen, die ich schon längst für beantwortet hielt, wieder mit, um neue zu hinterlassen, die hektisch auf versteckten Fahrplänen nach besseren Antworten suchten.“ (S.14)

 

Die melancholische Stimmung wird trotz aller Probleme immer wieder durch hoffnungsvolle Momente und auch durch den feinen Humor des Autors durchbrochen. Doch auch auf direkte brutale Formulierungen, die jeweils genau zu den beschriebenen Situationen passen, verzichtet der Autor nicht. Hinzu kommen Zitate, die mit dazu beitragen, einen außergewöhnlichen, stimmgewaltigen Roman zu erschaffen.

 

Fazit

 

"Es ist nicht die Physik, die die Erde dreht. Es sind die Träume, die alles bewegen und uns zum Leben drängen." (S.11)

 

Salih Jamal nimmt in seinem Roman „Das perfekte Grau“ zu politischen und gesellschaftlichen Themen deutlich Stellung. Seine Geschichte ist hochaktuell und zeigt letztendlich, dass wir alle Suchende und Flüchtende sind. Es ist ein Roman über vier Außenseiter und ihre Freundschaft, die auf der Suche nach sich selbst sind.  

 

 

Zitat von Salih Jamal zur Rezension:

Es ist schön, dass neben den vielen anderen schönen Stimmen auch der politische und gesellschaftliche Bezug erkannt wird. Wenn man alle Farben mischt, dann haben wir am Ende ein perfektes Grau.

 

https://www.facebook.com/groups/490185771562130, 18.01.2021.

 

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Salih Jamal (Montag, 18 Januar 2021 21:57)

    Lieben Dank für die Buchbesprechung. Herzlichst. Salih Jamal

  • #2

    Mira (Montag, 08 Februar 2021 22:07)

    Klingt richtig spannend, Petra. Ich behalte es mal im Hinterkopf. Wäre aber auch ein super Buch für die Leserunde gewesen. Wäre ich sofort dabei.
    LG, Mira