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Draussen die Welt

Autorin

Jane Lewis wurde am 17. August 1899 in Chicago geboren; sie starb am 01. Dezember 1998 in Los Altos (Kalifornien). Sie war Romanautorin, Librettistin und Lyrikerin und Kurzgeschichtenautorin, die bis vor Kurzem in Deutschland so gut wie unbekannt war. 

Sie lehrte sowohl an der Stanford University als auch an der University of California in Berkeley. Zu ihren Werken gehören The Wife of Martin Guerre (1941), The Trial of Sören Qvist (1947), The Ghost of Monsieur Scarron (1959), Good-Bye, Son and Other Stories (1946) und Poems Old and New (1982). 

Bekannt wurde Janet Lewis vor allem als Autorin mit Romanen, die den Hintergrund historischer Gerichtsfälle spekulativ ausleuchten.

Ihr Roman "Against a Darkening Sky" wurde ursprünglich 1943 veröffentlicht. Er erschien 2023 unter der deutschen Übersetzung  „Draussen die Welt“. Dieser Roman ist anders als das, was sie in ihren bisher in ihren historischen Justizfällen, die auf wahre Kriminalfälle basieren, gemacht hat. Sie lässt sie sich auf die amerikanische Gegenwart ein.

 

Inhalt 

Die Handlung umfasst eine Zeitspanne von einigen Jahren der Weltwirtschaftskrise der 1930er - Jahre.

Der fiktive Ort der Handlung befindet sich im Süden Kaliforniens in einer Provinz „zwischen Küstengebirge und dem südlichen Ende der Bucht“ San Franciscos. Hier lebt die Familie Perrault mit vier Kindern auf einer Farm mit „zwei Morgen flachen Wiesenland“, das sie bewirtschaften. Sie führen ein ruhiges, unscheinbares Leben, das stillzustehen scheint. Die Mutter Mary Perrault, die aus Schottland zuerst nach Kanada und dann nach Kalifornien kam, ist mit einem französischen Hugenotten-Einwanderer Aristide Perrault verheiratet, der einen Job bei der Wasserversorgung hat, aber nebenbei auch Kaninchen züchtet, um Geld zu verdienen. Die Perraults züchten Gemüse für den Eigenbedarf, halten eine Milchkuh und essen die Früchte ihres Obstgartens, wobei sie so viel wie möglich selbst produzieren. Während ihre Kinder erwachsen werden und die Welt draußen weniger friedlich und sicher wird als das Zuhause der Perraults, beginnt das Gleichgewicht ihres ruhigen Lebens aus den Fugen zu geraten. Mrs. Perrault wird zunehmend bewusst, dass aus der physischen Wildnis, die ihre Generation kaum erobert hat, eine moralische Wildnis aufsteigt.

 

Sprache und Stil

Ihr Kampf um Einfluss, ohne das Leben ihrer Kinder zu beeinträchtigen, steht im Mittelpunkt dieses Romans über das Familienleben in den Jahren der Weltwirtschaftskrise.

Der Originaltitel „Against a Darkening Sky“ übersetzt „Gegen einen sich verdunkelnden Himmel“, deutet an, dass es nicht friedlich und harmonisch, wie es zu sein scheint, bleiben wird. Bereits am Anfang wird diese Welt erschüttert. 

Ruhig und idyllisch beschreibt Janet Lewis das Leben Avon Mary Perrault mit ihrer Familie auf dem Land. Nichts deutet auf eine Veränderung, auf ein Unglück hin.

„Diese Felder wurden an den vielen Tagen, die noch vor Mary Perrault lagen, in der Erinnerung zu Feldern vor einem Sturm, helles, klares Sonnenlicht holt da vor einer düsteren Wolkenwand Vertrautes gestochen scharf hervor. Die Katastrophe ist fürs Erste gebannt und stellt alles, was sie schon bald zerstören wird, noch einmal in ein besonderes Licht.“ (S. 21)

 

Es geht dann noch weiter: 

 

"Am Fuße der aufstrebenden Hänge des Küstengebirges fuhr ein Zug in Richtung Süden und zog eine lange weiße Dampffahne hinter sich her." (S. 22) 

 

Wer kann ahnen, dass dieser Zug in der idyllischen Landschaft einige Seiten später zu einem verehrenden Unfall führt. Mary Peraullts beste Freundin, die sie noch einige Stunden vorher getroffen hat, verunglückt schon nach wenigen Seiten des Romans durch einen ein tragischer Unfall mit ihren Enkelkindern. Sie wurde im Auto auf den Bahngleisen von dem herannahenden Zug erfasst. 

Janet Lewis versteht es in einer ruhigen und präzisen Erzählweise die immer wieder einbrechenden Ereignisse während der Weltwirtschaftskrise und Depression einzufangen. 

Die Wirtschaftskrise in den USA macht sich langsam in der Provinz bemerkbar. Die zunehmende Industrialisierung und die wirtschaftliche Entwicklung stehen im Fokus. 

Menschen verlieren ihre Arbeit, haben nicht genügend Lebensmittel, können ihr Auto nicht mehr halten. Das Automobil spielt eine wichtige Rolle in dieser Gegend. Und immer wieder sind es persönliche Schicksale, die diese Zeit prägen. 

 

Die Autorin Janet Lewis versteht meisterhaft in bildlicher Sprache Naturbeschreibungen für die Raumgestaltung des Textes einzusetzen: Die Natur, der Ort, die Menschen, deren Ambiente, Arbeitsplatz, Denken, Sprechen und Handeln etc., beschreibt sie detailreich. Das ist es, was den Roman ausmacht. Mit der Veränderung der Natur findet auch eine Veränderung des Lebens der Menschen statt. Dies hat die Autorin wundervoll in Szene gesetzt. Der/die Leser:in nimmt die Veränderung als natürlich wahr. Ruhig und im Fluss findet das Schreiben der Autorin statt, frei von überflüssigen Worten und mit einer klaren, aussagekräftigen Bildsprache. 

Der Raum der Natur wird atmosphärisch erfasst. 

 

„Mit dem Regen werden die Berge langsam wieder grün. In den feuchten Gärten erblühten üppig die Lilien, mit einem Duft, der an Wildblumen in Schottland erinnerte.“ (S. 256) 

 

Der/die Leser:in fühlt sich mittendrin in der Natur, er/sie sieht das Grün und riecht den Duft. Die Figuren verstärken diesen Eindruck. 

 

 „Mrs. Perrault verwendete die Eier der Stockenten für ihren Kuchen und Pudding, der sich färbte, als wäre es Safran.“ (vgl. S. 256)

 

Fazit

Der Roman „Draussen die Welt“ erzählt aus einer Zeit, die über 90 Jahre zurückliegt. Ist es nur ein Blick zurück auf die alte Zeit oder sind es andere Gründe, warum es lohnt, diesen Roman lesen? 

Dieser Roman ist aktuell und hat in der heutigen Zeit immer noch seine Berechtigung. Das Phänomen, ein ruhiges Leben führen zu wollen, ist immer präsent und doch bricht plötzlich die Welt ein. 

Mary erkennt am Ende des Romans „eine Gesellschaft ohne gemeinsame Werte, eine ethische Wildnis, erwachsen aus der Wildnis der Natur.“ (S. 362)  

 

Eingebunden in den Wechsel der Jahreszeiten werden Ängste durch Missachtung von Gesetz und Ordnung in „schwach verankerte Werte“ offen gelegt. 

 

„[…] und jetzt hatte Mrs. Perrault das Gefühl, dass die ersten Ausläufer sie erreicht hatten, während die Wolken immer noch am Himmel hingen, in der Ruhe vor dem Sturm.“ (S. 363)

 

Ein zeitloser Roman. 

 

 

Janet Lewis 

Draussen die Welt

Roman

Aus dem amerikanischen Englisch

von Sylvia Spatz

2023 dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München

 

Arbeit zitieren

Autorin Petra Gleibs, Januar 2023, Buchvorstellung Janet Lewis, Draussen die Welt

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