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Lady Susan und andere Erzählungen

Autorin

Jane Austen wurde am 16. Dezember 1775 in Steventon (Hampshire, GB) geboren. Sie war das siebte von insgesamt acht Kindern der Pfarrerfamilie William George Austen und Cassandra Austen (geb. Leigh).

Ihre Familie besaß eine umfangreiche Bibliothek, und ihr Vater förderte das literarische Interesse seiner Tochter nach Kräften. 

Trotzdem entsprach Jane Austens Erziehung dem damaligen Frauenbild. Im Gegensatz zu ihren Brüdern wurden sie und ihre Schwester Cassandra auf ihre traditionelle Rolle als Ehe- und Hausfrau, Mutter und Gastgeberin vorbereitet.

Mit zwölf begann sie zu schreiben, wenig später entstanden ihre Romane, die die noch nicht zwanzigjährige Jane um 1795 veröffentlichte:

Sense und Sensibility (Verstand und Gefühl), Pride and Prejudice (Stolz und Vorurteil) und Northanger Abbey (Abtei von Northanger). 

Jane Austen lebte in einer der ereignisreichsten und turbulentesten Epochen der europäischen Geschichte. In Frankreich fand von 1789 bis 1799 die Französische Revolution statt und von 1799 bis 1815 stürzte durch die Herrschaft Napoleons Europa in Krieg und Chaos. Zwei Jahre nach diesen beiden Großereignissen starb mit nur 41 Jahren Jane Austen am 18. Juli 1817.

 

 

Inhalt

Liebe, Heirat und Ehe die Themen der vier frühen Romane von Jane Austen, die sie in der Zeit von 1787 bis 1793 verfasste, parodiert sie scharfzüngig und ironisch. Austen schreibt ihre Erzählungen 

bis auf Catharine als Briefromane. Vorbild und wegweisend für Austen sowie für viele ihrer Zeitgenossen war Samuel Richardson (*19. August  Mackworth, England- † 4.Juli 1761 in London) der viele seiner Geschichten in Briefromane brillant auf höchster Ebenen verfasste. Er setzte seine Schwerpunkt auf innere Dramatik und Charaktere, was Jane Austen weiter perfektionierte.

 

Jane Austen setzt mit ihren vier frühen Romanen ihren ersten „Literarischen Fußabdruck“. 

 

Titel:

Lady Susan / Liebe und Freundschaft / Drei Schwestern / Catharine

 

Sprache und Stil

Amüsant zu lesen sind diese vier Geschichten aus ihrer Jugendzeit. Sie spiegeln bereits in frühen Jahren ihre genaue Beobachtungsgabe realistisch in der Epoche der Regency Gesellschaft wider. 

Jane Austen achtete die Konventionen ihrer Zeit, doch sie war nie angepasst. Ihr Charakter war temperamentvoll, aufbegehrend, kritisch und manchmal recht bissig geprägt, so wie ihre Geschichten.

 

„Lady Jane und andere Erzählungen“ beginnt mit dem Briefroman „Lady Susan“, der gleichzeitig die längste Erzählung des schmalen Erzählbandes ist. Süffisant beschreibt Jane Austen eine Frau von Schönheit, Charme und Eleganz, die hinter dieser Fassade kühl und berechnend ist. Sie scheut vor Intrigen nicht zurück, selbst wenn ihre Tochter davon betroffen ist. 

 

Lady Susan ist seit vier Monaten verwitwet, Mitte dreißig und besitzt nach dem Tod nicht die ausreichenden Mittel, um ein sorgenfreies und einigermaßen elegantes Leben zu führen. Sie lädt sich ohne Skrupel bei der Familie des Bruders ihres verstorbenen Mannes in Churchill ein. 

In einem imposanten Briefwechsel zwischen Lady Susan, ihrer Vertrauten in London, deren Mutter Lady de Courcy und Bruder Reginald de Courcy werden Schicht für Schicht die Charaktere der einzelnen Figuren enthüllt.

Besonders auffällig ist das angespannte Mutter-Tochter-Verhältnis. Ihre Tochter Frederica steht dem Lebenswandel ihrer Mutter im Weg. In diesen Momenten zeigt der Briefverkehr die hasserfüllte Seite von Lady Susan. Ihre Tochter befindet sich in einem Londoner Internat. Frederica läuft aus der Schule fort, nachdem ihre Mutter ihr mitgeteilt hat, sie werde in absehbarer Zeit Sir James Martin heiraten. Die Flucht missglückt. Frederica wird schnell eingefangen. 

 

Brief XVI

Lady Susan an Mrs. Johnson, Churchill

 

„Nie im Leben, liebste Alicia, hat etwas mich so aufgebracht wie der Brief von Miss Summers, der heute Morgen eintraf. Meine Tochter, dieses grässliche Mädchen, hat augenscheinlich eine Fluchtversuch unternommen. Ich hatte ja keine Ahnung, dass sie solch ein kleiner Teufel ist , es schien, als hätte sie durchaus  die vernonische Sanftmut […] Will Miss Summers sie nicht behalten, dann musst Du ein anderes Internat für mich ausfindig machen, es sei denn, wir erreichen, dass sie sofort heiratet.“ (S. 85)

 

Die nachfolgende Erzählung „Liebe und Freundschaft“ ist eine Satire auf die romantische Liebe.  Eine heimliche Hochzeit gegen den Willen der Eltern scheint erstrebenswert, denn nur dann ist sie romantisch. Diese Erzählung ist ganz „auf Pointen hin geschrieben – gute Pointen übrigens -, und am Ende jedes längeren Abschnitts kommt ein Lacher.“ (Nachwort S. 324)

 

Brief VIII

Laura an Marianne

 

„Sophia und ich wurden von unseren Gefühlen überwältigt und sanken abwechselnd auf dem Sofa in Ohnmacht.“ (S. 161) 

 

In „Drei Schwestern“ steht ebenfalls das Thema Ehe im Zentrum des Geschehens. Allerdings wird die Ehe als eine Ware betrachtet und nach geschicktem Handel die Ehe angenommen, wenn Gewinn und Verlustrechnung aufgeht. Mary, die zukünftige Ehefrau, stellt harte Bedingungen. Makel des Bräutigams nimmt sie gerne in Kauf, wenn die Gegenleistung stimmt. Heiraten ist zu Austens Zeit nicht der Liebe unterworfen, sondern eine Heirat dient der Existenzsicherung und einer Frage, welcher gesellschaftlicher Status damit verbunden ist. 

 

Brief I

Meine liebe Fanny,

ich bin das glücklichste Geschöpf unter der Sonne, denn Mr Watts hat mir heute einen Heiratsantrag gemacht. Es ist mein allererster, und ich kann Dir gar nicht sagen, wie stolz und froh ich darüber bin. Wie werde ich über die Duttons triumphieren!“ (S. 201)

 

„Catharine oder Die Laube “ ist ein Romanfragment. Catherine wächst nach dem Tod ihrer Eltern bei ihrer strengen und sittsamen Tante auf. Bis Edward Stanley in ihr Leben auftaucht.

 

„Der Abend verlief ebenso angenehm wie der vorangegangene. Sie setzten ihr Gespräch fort, und so viel vermochten seine gewinnenden Manieren und seinen strahlenden Augen, dass Catherine , als sie einander eine gute Nacht wünschten, erneut so gut wie überzeugt davon war, dass er sie liebte, obschon sie noch vor wenigen Stunden geglaubt hatte, diesen Gedanken ein für alle Mal aufgeben zu müssen.“ (S. 295)

 

Das Poesiefragment „Catharine“ bleibt am Ende offen. Aber dafür kann der/die Leser*in die Geschichte selbst zu Ende denken. 

 

Bereits in ihren Frühwerken entwickelt Jane Austen Miniaturporträts und Modellcharaktere. Dabei gelingt es ihr immer wieder, nicht ins Klischee- oder Schablonenhafte abzurutschen. Ihre Briefromane bilden den Grundstein ihrer späteren Romane, wie zum Beispiel „Stolz und Vorurteil oder Emma“ mit ausgefeilten Rededuellen. Bereits in ihren Frühwerken liegt der Fokus auf intriganten Züge und in der Doppelbödigkeit der Kommunikation. 

 

Eine Anmerkung und ein Nachwort zu den einzelnen Erzählungen runden die vier Geschichten aus dem Frühwerk Jane Austens ab. 

 

Fazit

Der Briefroman gibt eine Struktur vor, in der die Geschichte erzählt und die Handlung vorangetrieben werden muss. Der/die Leser*in wird unmittelbar in die Gefühls- und Gedankenwelt der Figuren geführt. Durch die unterschiedlichen Personen wechseln die Blickwinkel der Erzählung, sodass immer wieder eine andere Perspektive der Handlung entsteht. Jane Austen meistert die Besonderheit des Briefromans mit Leichtigkeit. Sie erzählt mit dem ironischen Unterton, der sie für ihr literarisches Werk weltweit berühmt gemacht hat. 

Wenn auch ihre Frühwerke nicht perfekt sind, so bilden sie doch den Grundstein für ihre späteren Werke. Unverkennbar nimmt sie in allen ihren Geschichten immer wieder das Thema Liebe und Freundschaft auf. Jane Austen war nie verheiratet, lebte zeitlebens von der Fürsorge ihrer Familie. Sie hatte sich mit ihrer unbefriedigten Lebenssituation abgefunden und Ihre Wünsche, Träume und Sehnsüchte in ihren Romanen offengelegt. 

Erst Jahrzehnte nach ihrem Tod wurde ihr Name bekannt in Verbindung mit der viktorianischen Zeit. 

 

 

Aus "Catharine oder Die Laube":

 

"Je näher sie ihn  kennenlernte, desto besser gefiel er ihr und desto mehr wünschte sie sich dies möge auch umgekehrt der Fall sein, [...]Nachdem sie diesen Punkt geklärt hatte, legte sie sich in bester Stimmung zu Bett und beschloss, das Studium seines Charakters und seines Betragens am nächsten Tag fortzusetzen." (S. 296)

 

 

 

 

 

 

 

 

Jane Austen

Lady Susan 

Roman

Aus dem Englischen übersetzt

von Ilse Leisi

 

Liebe und Freundschaft

Drei Schwestern

Catharine 

Aus dem Englischen übersetzt

von Renate Orth-Guttmann

 

Nachwort von Katharina Hagena

 

Manesse Verlag Zürich

 

 

Arbeit zitieren

Autorin Petra Gleibs, August 2022, Buchvorstellung Lady Susan und andere Erzählungen, https://www.lesenueberall.com/lady-susan-und-andere-erzählungen/

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