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Kinderklinik Weißensee Zeit der Wunder

Autorin

Antonia Blum

 

Kinderklinik Weißensee

Das Krankenhaus war Anfang des 20. Jahrhunderts eine der fortschrittlichsten medizinischen Einrichtungen im Land. Es wurde errichtet, weil es eine hohe Säuglings- und Kindersterblichkeit gab. Die Städte und Gemeinden fürchteten einen rapiden Rückgang bei den Kleinkinderzahlen. Extrem hohe Säuglings- und Kleinkindersterblichkeit sollten in dieser Klinik bekämpft werden. Die erste kommunale Kinderklinik Preußens war hochmodern ausgestattet mit einer eigenen Milchkuhanstalt.

Aus Milch von hauseigenen Kühen unter Einhaltung moderner hygienischer Standards wurde Säuglingsmilch hergestellt. Gleichzeitig setzen sich die Ärzte der Klinik jedoch dafür ein, das Stillen als beste Art der Säuglingsernährung zu fördern. Vortragsreihen und Kongresse werden organisiert, um das Konzept zu verbreiten.

 

Inhalt

Im Sommer 1911 beginnen die Waisenschwestern Marlene und Emma Lindow eine einjährige Ausbildung zur Kinderkrankenschwester an der gerade erst eröffneten Kinderklinik Weißensee.

Als Waisen haben sie großes Glück, dass sie das Abitur machen konnten und nun die Elevinnen Schwesternausbildung in der Kinderklinik Weißensee bei Berlin beginnen. 

Die strenge Oberschwester weist beide bereits am ersten Tag in gesellschaftliche Gepflogenheiten, strenge Trennung der Stände, die mit Hochmut der Adelsschicht einhergeht ein. Zu dieser Zeit hatten nur sogenannte „höhere Töchter“ die Möglichkeit, eine Schwesternausbildung zu beginnen.

Die beiden Schwestern widmen sich mit vollem Einsatz ihrer Ausbildung. Doch ihr Ansehen bei den anderen Lernschwestern, größtenteils aus „guten Häusern“ stammend, erweist sich als sehr schwierig. Sie schauen auf die Waisen herab, sie werden ausgegrenzt wegen ihrer Herkunft und ihrer dürftigen Kleidung. Besonders Marie-Luise, Tochter eines reichen Stahlfabrikanten, macht Marlene das Leben schwer. Es kommt zusätzlich auch zwischen Emma und Marlene zu einer Entfremdung, als Emma sich in einen Melker verliebt. Marlene plant im Anschluss an ihre Ausbildung Medizin zu studieren. Sie verliebt sich in einen jungen Arzt, der ihre Träume unterstützt. Doch dessen Eltern, Graf und Gräfin von Weilert, halten jedoch nichts von einer zukünftigen Schwiegertochter aus einfachen Verhältnissen. Sie möchten die Frau für ihren Sohn selbst aussuchen.

Stil und Sprache

Im Vordergrund stehen die gesellschaftlichen Ansichten und Rollenbilder. Politische Themen dieser Zeit bleiben im Hintergrund. Ein weiteres Thema, die Erkenntnisse der Kinderheilkunde (Pädiatrie), die in der damaligen Zeit noch in ihren Anfängen steckt, nimmt eine zentrale Rolle ein. Die Verbindung historischer Fakten zu den örtlichen Gegebenheiten und einigen agierenden Personen geben ein vages Bild ab, mit welchen Schwierigkeiten die Medizin seinerzeit konfrontiert war. 

 

 „Es öffnet sich ein Tor in die Vergangenheit, wie die Autorin Antonia Blum es nennt!“ 

 

Das Geschehen ist in einem sehr anschaulichen und lebendigen Sprachstil geschrieben. Die Autorin vermittelt gut recherchiert pflegerische Maßnahmen sowie neue diagnostische und therapeutische Ansätze (Lokalanästhesie, Röntgen, Magenspiegelung). 

 

„»Wir werden die Speiseröhre - wie damals bei der Magenspiegelung - mit Spezialbesteck dehnen und so eine Notspiegelung der Speiseröhre durchführen, um unsere Vermutung zu bestätigen oder zu verwerfen«, erklärte Doktor von Weilert der Runde […].“ (S.337)

 

Auch psychologische Ansätze der Therapie von Kindern werden angesprochen. Emma zeigt auf diesem Gebiet besonders viel Einfühlvermögen. Sie versteht durch Singen und Geschichtenerzählen den oft verstörten Kindern die Angst zu nehmen.

 

Im Autorennachwort und Literaturverzeichnis werden historische Quellen angegeben.

 

Fazit

Der Roman ist ein gelungener Einstieg in die Kinderklinik-Weißensee-Reihe. Die Schlussszene lässt Raum, für einen zweiten Teil.

 

 

 

 

 

 

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