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Saturnin

Autor

Der Autor Zdeněk Jirotka wurde am 7. Januar 1911 in Ostrava geboren. Er war ein tschechischer Prosaist und Feuilletonist, Autor von humoristischen Erzählungen und Hörspielen. Zdenek Jirotkas berühmter humorvoller Roman wurde erstmals 1942 veröffentlicht

Zdeněk Jirotka starb in Prag am 14. April 2003 im Alter von 92 Jahren.

Meine Meinung

„Obwohl ich all die Vergleiche und Gleichnisse nicht mag, mit denen Doktor Vlach seine temperamentvollen Reden durchflicht, erkenne ich an, dass an dem anschaulichen Beispiel vom Kaffeehaus, dem Menschen und der Schüssel Berliner etwas dran ist. Man kann daran zumindest annähernd klarmachen, was für ein Mensch Saturnin ist. „(S. 7)

 

Personen

 

Saturnin ein besonderer und eigenartiger, gefährlicher Diener. Er ist ein Diener, der geschickt andere Menschen manipuliert, ein Diener mit einem kühnen Sinn für Humor. Die Menschen in seiner Umgebung ahnen überhaupt nichts davon und dienen ihm als Opfer für seine durchdachten Pläne.

Warum der Diener den Namen Saturnin trägt darüber kann nur spekuliert werden, denn der Name Saturnin ist im tschechischen Raum nicht gewöhnlich. Wahrscheinlich ist dieser Name vom griechischen Gott Saturn abgeleitet. Zu Ehren Saturns wurde alljährlich am 17. Dezember eine Feier über mehrere Tage abgehalten bei denen die Diener von ihren Herren bedient wurden.

„Sein Hauptfest, die Saturnalien, fand alljährlich vom 17. Dezember an über mehrere Tage hin statt. Es war die populärste und fröhlichste Feierlichkeit im antiken Rom (man beschenkte einander und bewirtete die Sklaven am eigenen Tisch).“

Quelle: Wikipedia

 

Im Roman Saturnin stellt man fest, dass in vielen Situationen Saturnin der unsichtbare, eigentliche Initiator ist, der alles unauffällig leitet. Man stellt sich die Frage, wer eigentlich wem dient. Das könnte der Grund sein, warum der Autor der Hauptfigur diesen Namen gegeben hat.

 

Der Erzähler ist ein 30jähriger Mann, im Buch ohne Namen. Er lebt bequem in "einer kleinen, friedlichen Wohnung" in Prag. Er ist ein typischer, konservativer, galanter und gut erzogener Stadtmensch, der sich freiwillig und meistens bewusst von Saturnins Ideen manipulieren lässt.

 

Tante Katharina – eine scheinbar habsüchtige und affektierte Person, die Witwe des Onkels Frantisek. Sie dient den anderen wegen ihrer Unvorsichtigkeit als Zielscheibe ihrer Witze. Meistens merkt sie es aber nicht. Sie spekuliert auf das Erbe des Groβvaters und dafür ist ihr jedes Mittel recht, um ihr Ziel zu erreichen. Sie benutzt sehr häufig Sprichwörter, Redewendungen und Lebensweisheiten.

 

Milous– der 18jährige Sohn der Tante Katharina. Ein schlecht erzogener, ungehobelter „Weltmann“, der sich nicht benehmen kann. Aber im Laufe der Geschichte zeigt er, dass in ihm wahrscheinlich auch etwas Gutes steckt.

 

Groβvater – ein alter (70 Jahre alt) reicher Mann mit kindlichem Geist, der ein begeisterter Fan vom elektrischen Strom ist. Er amüsiert sich über den Kampf seiner Verwandten, wie zum Beispiel Katharina, die es auf sein sein Erbe abgesehen hat.

 

Doktor Vlach – ein Psychiater, ein 50jähriger Mann, ein Familienfreund. Er hat Sinn für schwarzen Humor, liebt es über Themen zu polemisieren und sich verschiedene närrische Theorien auszudenken. Er versteht sich gut mit dem Groβvater und mit Saturnin.

Fräulein Barbara Terebova – ein nettes, modernes, schönes und kluges Prager Mädchen, das sehr gut Auto fahren und Tennis spielen kann. Sie verliebt sich in den Erzähler.

Onkel Frantisek – der verstorbene Ehemann von Tante Katharina und Vater von Milous. Ein Amateur-Wissenschaftler, der eine Fabrik für Reinigungsmittel besaß, die aber nicht funktionierte. Man nannte sie die „Fabrik für Katastrophen“, denn viele seiner Versuche endeten mit Explosion. Tante Katharina erbte von ihm ein großes Vermögen, das sie aber sehr schnell ausgab.

 

Handlung

Die Handlung spielt teilweise in Prag und teilweise auf dem Lande im Haus des Groβvaters. Der Erzähler, ein Prager Beamter, lebt ruhig in einer altmodischen Wohnung und stellt den Diener Saturnin ein. Er ahnt nicht, dass Saturnin sein Leben verändern wird. Saturnin ist fleiβig, intelligent und gehorsam, doch er beginnt über seinen Herrn viele Geschichten zu erzählen. Zum Beispiel wie sein Herr den Hai mit Stativ eines Fotoapparats erschlagen hat, wie viele abenteuerliche Reisen er unternommen hat und vieles mehr. Er wird dafür bewundert. Effizient, diskret, aber auch sehr entschlossen, setzt Saturnin seinen Willen mit einer teuflischen Haltung durch was er für seinen Meister für richtig hält. So entscheidet Saturnin auch bald, dass ein neues Quartier benötigt wird, und verlegt es auf ein Hausboot.

„Es endete damit, dass mich nachmittags Saturnin im Kreise meiner Bekannten aufsuchte und mit diskret eröffnete wir seien umgezogen. Er fügte hinzu, wir wohnen auf dem Wasser nahe der der Kettenbrücke.“ (S.18)

Oftmals ist der Erzähler von Saturnins Handlungen und Eskapaden nicht begeistert. Es fehlt ihm aber an Ehrgeiz und Entschlossenheit, und so geht er am Ende zufrieden auf das Hausboot.

Eines Tages kommt auf sein Hausboot ein unerwarteter Besuch. Tante Katharina und Milous.

„Je länger die Tante sprach, desto klarer wurde mir, dass sie sich entschlossen hatte, mit Milous auf dem Boot zu bleiben, und zwar so lange, wie sie das für angebracht hielt, und dass ich letzten Endes da nicht reinzureden habe. (S. 43)

Sie benehmen sich, als ob sie die Besitzer des Hausboots wären und belegen, ohne Genehmigung, die Kajüte des Erzählers. Doch Saturnin hat eine Idee. Er kauft Masken und empfiehlt Tante Katherine und Milous diese nachts zu tragen, weil Nagetier sonst im Schlaf über ihre ungeschützten Gesichter laufen könnten. Die Tante begann eiligst zu packen.

Dank der vielfältigen Gesellschaft mangelt es nicht an viele groteske Situationen, die der Erzähler bis ins kleinste Detail beschreibt.

Saturnin bringt dem Groβvater Jiu-Jitsu bei und dieser probiert natürlich seine neuen Fähigkeiten an seinem Enkel aus. Die Folgen waren fürchterlich.

„Ich flog quer durchs Zimmer über das Parkett und fiel etwa vier Meter von der Stelle, an der ich ursprünglich gestanden hatte, hin.“ (S.64)

Sein Enkel zieht sich bei dem Sturz eine Verletzung am Knöchel zu und muss ins Krankenhaus gebracht werden.

Tante Katharina übernimmt die Versorgung des kranken Groβvaters und will niemanden zu ihm lassen. Während dieser Zeit ist sie bemüht, das Erbe des Groβvaters für sich zu gewinnen. Sie inszeniert hysterische Anfälle, Bitten und Zwänge um ihr Ziel zu erreichen. Der Groβvater ist deswegen verdrossen, dass er beginnt, den Wahnsinn vorzuspielen. Tante Katharina ist sicher, dass er ganz gesund ist und zwingt ihn seinen letzten Willen zu schreiben. Der Groβvater inszeniert es und erklärt, dass er sein ganzes Erbe den Sozialeinrichtungen hinterlässt. Die völlig beleidigte Tante Katharina verlässt sehr schnell mit Milous das Haus des Groβvaters. Sie zeigt damit ihre Charakterlosigkeit und ihre einzige Sucht - die Sucht nach Geld. Wer hatte die Idee mit dem Wahnsinn? Natürlich hat sich das Saturnin ausgedacht.

 

Stil und Sprache

 

Der Roman ist in 26 Kapitel mit römischen Ziffern aufgeteilt. Jedes Kapitel besteht aus mehreren Untertiteln, die das jeweilige Thema in Stichworten beschreiben.

Der erste Buchstabe am Anfang des Kapitels entspricht ein Initial, ein schmückender Anfangsbuchstabe. Weiter wird die Geschichte durch Illustrationen ergänzt.

Der Roman wird aus der Ich-Perspektive des Erzählers geschildert, wobei der Erzähler namenlos bleibt. Sprachlich nutzt der Autor einfache Sätze und meistens wird in der indirekten Rede gesprochen.

Die Geschichte ist lustig, schön, und vergnüglich erzählt. Sie wird angereichert mit Wortspielen, Reimen und Sprichworten, Redewendungen und Lebensweisheiten. Kurzum, der Humor kommt nicht zu kurz. Ein Humor von der manchmal übertriebenen, absurden Art.

 

Fazit

 

Der Roman Saturnin ist das erfolgreichste und berühmteste Werk von Zdeněk Jirotka., Dieser humoristische Roman erzählt die Geschichten des eigenartigen Dieners Saturnin und seines Herrn, der nicht ahnt, was ihn alles in der Nähe von Saturnin treffen kann. Der Roman erschien zum ersten Mal im Jahr 1942.

„Jirotka hat sich von der von der englischen Literatur inspirieren lassen, unter anderen vom Werk von Jerome Klapka Jerome und von Romanen und Erzählungen des englischen Schriftstellers Pelham Grenville Wodehouse, der die Geschichten über weise und verständnisvolle Diener, die durch ihre Kenntnisse ihre Herren regieren, geschaffen hat.“[1]

„Zu der sofortigen Beliebtheit des Romans Saturnin trug wahrscheinlich die Tatsache bei, dass er während des Weltkrieges erschienen ist, und wegen seiner Dosis der Narrheit und Entspannung zur besseren Stimmung beitragen konnte. Oder teilweise half er dem Volk eine

bestimmte Resistenz zu zeigen, denn alles Englische war während des Protektorats verboten.“[2]

Saturnin selbst ist eine Eskapisten-Fiktion. Er stimmt nicht mit der Realität überein. Diese absichtliche Komik zeigt eine unbeschwerte und einfache Welt. Er wurde veröffentlicht in einer Zeit als die Nazis die Tschechoslowakei besetzt hatten.

„ […]wenn sich der Himmel öffnet und Regenströme auf die Erde unten gießen, reißt ein Wirbelwind die Blätter von den Bäumen und die Schreie eines heulenden Sturms umgeben die Türme alter Burgen und vermischen sich mit den Schreien verängstigter Krähen mischt, wenn einsame Reiter auf schlammigen Wegen ihren zweifelhaften Zielen entgegen galoppieren […] " (S. 14)

Saturnin ist ein Buch für sich - und sicherlich für das Geschehen der Zeit. Eine ansprechende, seltsame Geschichte mit einigen lustigen Ideen und Szenen und auch noch in der heutigen Zeit

ein zeitloser Roman.

 

Zdeněk Jirotka, Saturnin, übersetzt von Joachim Bruss, herausgegeben von der Karls-Universität Prag, Verlag Karolinum 2007, 264 S., ISBN 978-80-246-1396-3

 

[1] https://docplayer.org/56643130-Analyse-der-deutschen..., 25.09.2020

[2] Ebd.

 

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